Charles de Saint-G...
ein Mensch mit intellektuellen Einschränkungen
Spiritistische Gesellschaft von Paris, 1860
Charles de Saint-G ... war ein lebender junger Mensch mit intellektuellen Einschränkungen, 13 Jahre alt. Seine geistigen Fähigkeiten waren so unbedeutend, dass er seine Eltern nicht kannte und kaum seine Nahrung zu sich nehmen konnte. Es war bei ihm ein völliger Stillstand der Entwicklung im gesamten körperlichen Leben.
Frage an den Heiligen Ludwig: Möchten Sie uns sagen, ob wir die Anrufung des Geistes dieses Kindes bewirken können?
Antwort: Ihr könnt ihn anrufen, als ob ihr den Geist eines Verstorbenen ruft.
Frage: Ihre Antwort lässt uns vermuten, dass die Anrufung in jedem beliebigen Augenblick bewirkt werden kann?
Antwort: Ja, seine Seele ist durch materielle Bande an seinen Körper gebunden, aber nicht durch geistige. Sie kann sich jederzeit losmachen.
Anrufung von Charles de Saint-G ... - Ich bin ein armer Geist, an die Erde gefesselt wie ein Vogel durch seine Klaue.
Frage: Haben Sie in Ihrem gegenwärtigen Zustand, als Geist, das Bewusstsein Ihrer Bedeutungslosigkeit auf dieser Welt?
Antwort: Gewiss! Ich fühle meine Gefangenschaft wohl.
Frage: Wenn Ihr Körper schläft und Ihr Geist sich löst, haben Sie dann ebenso klare Begriffe als wären Sie in einem normalen Zustand?
Antwort: Wenn mein unglücklicher Körper ruht, fühle ich ein wenig mehr Freiheit, mich zum Himmel zu erheben, nach dem ich mich sehne.
Frage: Haben Sie als Geist eine schmerzliche Empfindung von Ihrem körperlichen Zustand?
Antwort: Ja, weil dieser ja eine Strafe ist.
Frage: Erinnern Sie sich an Ihre vorhergehende Inkarnation?
Antwort: Oh ja, sie ist die Ursache meiner gegenwärtigen Verbannung.
Frage: Was für eine Existenz war es?
Antwort: Ich war ein junger Freigelassener unter Heinrich dem Dritten von Frankreich.
Frage: Sie sagen, Ihre derzeitige Lage sei eine Bestrafung. Sie haben diese also nicht gewählt?
Antwort: Nein.
Frage: Wie kann Ihr gegenwärtiges Leben Ihrem Fortschritt dienen, in dem Zustand völliger Leere, in der Sie sich befinden?
Antwort: Dieser ist vor Gott, der ihn auferlegt hat, nicht unbedeutend für mich.
Frage: Sehen Sie die Dauer Ihrer gegenwärtigen Existenz voraus?
Antwort: Nein, noch etliche Jahre und ich werde in mein wahres Vaterland heimkehren.
Frage: Was haben Sie von Ihrer vorherigen Existenz bis zu Ihrer gegenwärtigen Inkarnation als Geist getan?
Antwort: Gerade weil ich ein leichtsinniger Geist war, hat Gott mich zu einem Gefangenen gemacht.
Frage: Haben Sie im Wachzustand Kenntnis von dem, was um Sie herum vorgeht, und zwar trotz der Unvollkommenheit Ihrer Sinnesorgane?
Antwort: Ich sehe und vernehme, aber mein Körper erfasst nichts und sieht nichts.
Frage: Können wir etwas tun, das für Sie nützlich wäre?
Antwort: Nichts.
Frage: An den Heiligen Ludwig. Können die Gebete für einen wieder inkarnierten Geist dieselbe Wirkung haben wie für einen umherirrenden?
Antwort: Gebete sind immer gut und Gott angenehm. In der Lage dieses armen Geistes können sie ihm zu nichts dienen. Sie werden das später, denn Gott wird ihrer gedenken.
Diese Anrufung bestätigt, was über geistige Behinderte stets gesagt wurde. Ihre äußere moralische Bedeutungslosigkeit rührt nicht von der Bedeutungslosigkeit ihres Geistes her, der, wenn man von den Organen des Körpers absieht, sich all seiner Fähigkeiten erfreut. Die Unvollkommenheit dieser Organe ist ein Hindernis für die freie Äußerung der Gedanken, aber sie vernichtet diese nicht. Das ist wie bei einem kräftigen Mann, dessen Glieder durch Fesseln zusammengehalten werden.
Belehrung eines Geistes über Menschen mit intellektuellen Einschränkungen und die Kretine
Mitteilung in der Pariser Gesellschaft
Die Kretine sind Wesen, die auf Erden für den schlechten Gebrauch, den sie von bedeutenden Fähigkeiten gemacht haben, gestraft werden. Ihre Seele ist in einem Körper gefangen, dessen ohnmächtige Organe ihren Gedanken keinen Ausdruck erlauben. Diese geistige und körperliche Stummheit ist eine der härtesten irdischen Strafen. Oft wird diese von reumütigen Geistern gewählt, die ihre Fehler wiedergutmachen wollen. Diese Prüfung ist durchaus nicht nutzlos; denn in seinem körperlichen Gefängnis steht der Geist nicht still. Diese stumpfen Augen sehen, dieses niedergedrückte Gehirn begreift, aber nichts kann, weder durch das Wort, noch durch den Blick ausgedrückt werden, und, abgesehen von der Bewegung, sind sie geistig in dem Zustand der der Lethargie oder dem Starrkrampf Verfallenen, die sehen und hören, was um sie herum vorgeht, ohne es ausdrücken zu können. Wenn ihr im Traum jene schrecklichen Alpträume habt, wo ihr einer Gefahr entfliehen wollt, wo ihr um Hilfe schreit, während eure Zunge am Gaumen und eure Füße am Boden kleben bleiben, so empfindet ihr für einen Augenblick, was der Kretin immer empfindet: Lähmung des Körpers, mit dem Leben des Geistes verbunden.
Fast alle Gebrechen haben so ihren Grund. Nichts geschieht ohne Ursache, und was ihr Ungerechtigkeit des Schicksals nennt, ist die Anwendung der höchsten Gerechtigkeit. Ebenso ist Geisteskrankheit eine Bestrafung des Missbrauchs hoher Fähigkeiten. Der Geisteskranke hat zwei Persönlichkeiten: eine, die konfuse Dinge tut, und eine, die das Bewusstsein ihrer Handlungen hat, ohne denselben eine Richtung geben zu können. Hinsichtlich der Kretine kann das beschauliche und vereinsamte Leben ihrer Seele, das nicht die Zerstreuungen des Körpers hat, ein durch die Vorkommnisse ebenso bewegt sein wie die kompliziertesten Lebensläufe. Einige lehnen sich gegen ihre freiwillige Strafe auf. Sie bedauern, diese gewählt zu haben, und empfinden einen unbändigen Wunsch, zu einem anderen Leben zurückzukehren, ein Wunsch, der sie die Entsagung für das gegenwärtige Leben vergessen lässt, ebenso den Gewissensschmerz wegen des vergangenen Lebens, der ihnen bewusst ist. Denn Kretine und Schwachsinnige wissen mehr als ihr, und unter ihrer körperlichen Ohnmacht verbirgt sich eine geistige Macht, von der ihr keine Ahnung habt. Die Handlungen der Wut oder des Schwachsinns, denen sich ihr Körper hingibt, werden von dem inneren Wesen gerichtet, das darunter leidet und sich schämt. Deshalb werden ihre Leiden durch Verspotten, Beleidigen, sogar Misshandeln von ihnen, wie man es manchmal übt, vergrößert. Denn das heißt: sie ihre Schwachheit und ihre Verworfenheit noch härter fühlen zu lassen und wenn sie könnten, würden sie diejenigen der Feigheit anklagen, die nur auf diese Weise handeln, weil sie wissen, dass ihr Opfer sich nicht verteidigen kann.
Der Kretinismus ist keines der Gesetze Gottes und die Wissenschaft kann ihn zum Verschwinden bringen. Denn Kretinismus ist das augenscheinliche Ergebnis der Unwissenheit, des Elends und der Unreinheit. Die neuen Heilmittel, die die Wissenschaft, nachdem sie immer besser geworden ist, in den Fokus aller gerückt hat, reichen aus, diese zu zerstören. Da der Fortschritt die ausdrückliche Bedingung für das Glück der Menschheit ist, so werden sich die auferlegten Prüfungen wandeln und dem Lauf der Jahrhunderte folgen. Diese werden alle geistiger Art werden, und wenn eure noch junge Erde alle Phasen ihres Daseins durchlaufen hat, wird sie ein Aufenthaltsort der Glückseligkeit werden, wie andere Planeten, die fortgeschrittener sind.
Pierre Jouty, Vater des Mediums
Bemerkung: Es gab eine Zeit, in der man das Vorhandensein der Seele bei Menschen mit intellektuellen Einschränkungen in Frage gestellt hatte und nun überlegte, ob sie in Wahrheit zur menschlichen Spezies gehörten. Ist die Art und Weise, in der der Spiritismus sie betrachten lässt, nicht von hoher Moral und großer Belehrungen? Gibt es bei dem Gedanken daran nicht Grund zu ernsten Betrachtungen, dass diese missgebildeten Körper Seelen bergen, die vielleicht in der Welt geglänzt haben, die ebenso klar und ebenso denkend wie die unsrigen sind, jedoch unter einer dichten Hülle, die deren Ausdrucksfähigkeiten erstickt, und dass es uns ebenso ergehen kann, wenn wir die Fähigkeiten missbrauchen, die uns die Vorsehung zugewiesen hat?
Wie könnte sich sonst die geistige Behinderung (der Kretinismus) erklären lassen? Wie wollte man sie in Übereinstimmung mit der Gerechtigkeit und der Güte Gottes bringen, ohne eine Vielzahl von Existenzen anzunehmen? Wenn die Seele nicht bereits gelebt hat, so wird sie also zu gleicher Zeit mit dem Körper erschaffen. Wie lässt sich bei dieser Hypothese die Erschaffung von Seelen, die so benachteiligt sind wie die der Menschen mit intellektuellen Einschränkungen, vonseiten eines gerechten und guten Gottes rechtfertigen? Hier nämlich handelt es sich durchaus nicht um eines jener Missgeschicke, wie z. B. der Wahnsinn, die man entweder verhindern oder heilen kann. Diese Wesen werden geboren und sterben in demselben Zustand. Da sie keinen Begriff von gut und böse haben, was ist dann ihr Schicksal in der Ewigkeit? Werden sie ebenso glücklich sein wie intelligente und fleißige Menschen? Aber weshalb dann diese Vergünstigung, da sie ja nichts Gutes getan haben? Werden sie in der sogenannten Vorhölle sein, das heißt in einem gemischten Zustand, der weder Glück, noch Unglück ist? Aber wozu diese ewige Minderwertigkeit? Ist es ihre Schuld, wenn Gott sie als Schwachsinnige erschaffen hat? Wir bezweifeln, dass alle, die die Lehre von der Reinkarnation ablehnen, aus dieser Sackgasse herausfinden. Bei der Reinkarnation hingegen wird das, was als Ungerechtigkeit erscheint, eine bewundernswerte Gerechtigkeit, was unerklärlich ist, erklärt sich auf die vernünftigste Weise.
Übrigens ist uns nicht bekannt, dass diejenigen, die diese Lehre verwerfen, sie je mit anderen Argumenten bekämpft hätten als denen, dass sie gegen eine Rückkehr zur Erde eine Abneigung haben. Darauf antwortet man ihnen: Um euch dahin zurückzuschicken, fragt euch Gott nicht um eure Erlaubnis, ebenso wenig, wie der Richter nach dem Geschmack des Verurteilten fragt, wenn er diesen ins Gefängnis schicken will. Jeder hat die Möglichkeit, nicht dahin zurückzukommen, indem er sich genug bessert, um es zu verdienen, auf eine höhere Welt zu gelangen. In jenen seligen Kreisen aber werden Egoismus und Hochmut nicht zugelassen. Man muss also daran arbeiten, dass man die moralischen Mängel ablegt, wenn man eine Stufe höher steigen will.
Man weiß, dass in bestimmten Gegenden die Menschen mit intellektuellen Einschränkungen (Kreidlinge, die mit kreidefarbigem Haar und Blödsinn), kein Gegenstand der Verachtung, sondern von wohlwollender Fürsorge umgeben sind. Sollte eine solche Einstellung nicht mit einer Intuition vom wirklichen Zustand dieser Unglücklichen zusammenhängen, die umso mehr Rücksichtnahme verdienen, je mehr ihr Geist, der seine Lage begreift, darunter leiden muss, sich als der Abschaum der Gesellschaft zu sehen?
Man erachtet es dort sogar als eine Gunst und einen Segen, eines jener Wesen unter seinen Angehörigen zu haben. Ist das reiner Aberglaube? Es ist möglich, weil sich nämlich bei den Unwissenden der Aberglaube mit den gesünderen Vorstellungen mischt, die ihnen nicht bewusst sind. In allen Fällen ist es für die Eltern eine Gelegenheit, barmherzige Liebe zu üben, die um so verdienstvoller ist, als es für sie, die im allgemeinen arm sind, eine Last ohne materiellen Ausgleich bildet. Es ist verdienstvoller, einem missgebildeten Kind liebevolle Fürsorge zuzuwenden, als jenem, dessen Eigenschaften eine Entschädigung bieten. Da nun ein vom Herzen kommendes Erbarmen eine der gottgefälligsten Tugenden ist, so bringt diese denen, die sie ausüben, immer Segen. Ist diese Gesinnung angeboren, so stimmt sie bei jenen Leuten mit folgendem Gebet überein: "Danke, oh Gott, dass Du uns zur Prüfung ein schwaches Wesen zu unterstützen und einen Betrübten zu trösten gegeben hast!"